Was sind Doppelsterne?

Ein Doppelstern gehört zu den Sternsystemen, die aus zwei Sternen bestehen. Man spricht von Mehrfach-Systemen, wenn mindestens zwei Sterne in einem System erfasst werden. Optisch gesehen liegen Doppelsterne am Nachthimmel so eng beieinander, dass eine Trennung oft nur mit dem Teleskop erfolgen kann.

Welche Typen von Doppelsternen unterscheidet man?

Die meisten dieser Paarungen heißen optische Doppelsterne, da sie nur scheinbar eine Nachbarschaft zueinander aufweisen. Jedoch liegen sie im Raum sehr weit voneinander entfernt.

Im Gegensatz dazu sind physische Doppelsterne als eine physische Einheit zu betrachten. Diese Doppelsterne zeichnet eine gegenseitige Massenanziehung aus. Dabei wird die massenreiche oder hellere Komponente als der Hauptstern und der lichtschwache oder masseärmere Teil als Begleiter bezeichnet.

Die geometrischen Doppelsterne (auch räumliche Doppelsterne) sind nicht aneinander gebunden, sie zeichnen sich durch hohe Relativgeschwindigkeiten aus. Diese Doppelsterne treffen nur einmalig aufeinander, sie bilden dann einmalig einen geometrischen Doppelstern mit gemeinsamer hyperbolischer Bahn – danach entfernen sie sich für immer von einander. Mögliche Kandidaten für ein solches Paar ist Proxima Centauri mit Alpha Centauri.

Warum sind Doppelsterne so besonders?

bedeckungsveränderlicher Doppelstern
Illustration eines Doppelsternsystems. Überrest eines ehemals massereichen Sterns (schwarzes Loch) akkretiert Gas des Partners.

Doppelsterne sind wirklich interessant für die Astrophysiker. Der Grund: Zwischen zwei großen Massen lassen sich physikalische Gesetze – quasi unter Laborbedingungen –  isoliert vom Rest betrachten.

Die beiden Sterne umkreisen sich und beeinflussen sich als riesige Körper unglaublich stark. Denken Sie an unseren Mond und die Erde, die sich ebenfalls stark gegenseitig beeinflussen. Die beiden sind zwar nicht annähernd so schwer wie Sterne, aber der Mond „zieht“ an der Erde und umgekehrt. 

Bei diesen Doppelsternen ist das also ähnlich – jedoch in viel extremeren Ausmaßen, denn sie sind ja schwerer als der Mond und die Erde. Unsere Sonne etwa hat ja allein 300.000 Erdmassen. Hat man also zwei solcher sehr großen Massen, kann man sich vorstellen, welche Kräfte am Werk sind!

Wie entstehen Doppelsterne und Mehrfachsysteme?

Ausgangspunkt ist wie so oft die Gaswolke.

Eine Gaswolke mit Drehimpuls, die schrumpft (weil sie unter ihrem Eigengewicht auseinander bricht), wird ihren Drehimpuls nicht einfach los. Wenn die Wolke schrumpft und sich schneller dreht, kann sie jedoch nicht einfach unter ihrem eigenen Gewicht zusammenbrechen. Der Grund ist die Zentrifugalkraft, die alles nach außen reißt.

Damit könnten zwei Dinge passieren.

Erstens kann in der Mitte ein großer „Brocken“ entstehen und außen, um den größeren Brocken herum viele kleinere Stücke. So entstand auch unser Sonnensystem. Das scheint allerdings die weitaus unwahrscheinlichere, seltenere Lösung im Universum darzustellen.

Man geht davon aus, dass etwa 80% aller Systeme als Doppelsterne oder Mehrfachsysteme entstehen. Die andere Lösung für die kollabierende Wolke mit dem Drehimpuls ist nämlich, dass sich einfach zwei große Stücke bilden, die sich umeinander drehen.

Das bedeutet übrigens, dass die Doppelsterne gleich alt sind, denn sie werden ja gleichzeitig durch den beschriebenen Prozess geboren.

Was passiert in einem Doppelstern-System?

Wie oben an unserem Erde-Mond-Beispiel schon dargestellt, geht es auch in Doppelstern-Systemen um Beziehungen.

Bleiben die beiden „Partner“ so wie sie jetzt sind oder unterliegen sie irgendwelchen Veränderungen?

Wichtig ist zunächst, dass Sterne ja Kernfusions-Reaktoren sind. In ihrem Inneren wird also Wasserstoff zu Helium verbrannt. Wenn Helium verbrannt ist, wird dieser zu Kohlenstoff verbrannt und so weiter.

Diese Fusionsrate, mit der im Inneren Energie produziert wird, hängt davon ab, wie schwer der Stern ist. Ist der Stern sehr schwer, drückt die Schwerkraft auf diesen Reaktor und die Fusionsraten werden erhöht. Das führt zu einer höheren Leuchtkraft des Sterns. Jedoch bedingt dies wiederum, dass der Stern keine allzu hohe Lebenserwartung hat, verglichen mit weniger hellen Sternen.

Betrachtet man nun zwei Sterne eines Doppelstern-Systems, dann weiß man also folglich

  •  die Sterne sind gleich alt
  •  wenn sie unterschiedliche Massen haben, sollten sie sich unterschiedlich verhalten

Algol-Paradoxon

Algol im Sternbild des Perseus ist seit vielen Jahrhunderten als variabler Stern bekannt. Dieser wurde sogar mit bloßem Auge als solcher identifiziert. Variabler Stern bedeutet, dass die Leuchtkraft des Sterns sich verändert.

Dieses bedeckungsveränderliche Doppelstern-System kann aufgrund seiner Position nur von der Seite aus betrachtet werden: Die zwei Sterne drehen sich umeinander und alle zehn Stunden bedeckt der eine Stern den anderen.
 
Die Bedeckung jedoch ist unterschiedlich: Die eine ist so drastisch, dass man sie am Himmel mit bloßem Auge erkennen kann. Man kann sie mit Teleskopen natürlich noch genauer messen, sodass der Verlauf der Leuchtkraft-Kurve ziemlich exakt wird. Die andere Bedeckung ist aber so gering, dass man sie mit bloßem Auge gar nicht und mit Teleskop nur schwer identifizieren kann.
 
Also was passiert da mit dem Doppelstern Algol?
 
Es gibt einen leuchtschwachen Stern und einen Stern, der eine hohe Leuchtkraft aufweist. Der Stern mit geringer Leuchtkraft verdunkelt manchmal seinen leuchtkräftigeren Hauptstern, nämlich alle zehn Stunden. Die Leuchtkraft geht dadurch also in den Keller.

Das andere Mal jedoch, wenn der Stern mit hoher Leuchtkraft vor dem schwach leuchtenden Begleiter steht und diesen bedeckt, merkt man davon gar nichts. In diesem Fall ändert sich an der Leuchtkraft des System praktisch nichts.

Aber es gibt etwas Merkwürdiges:

Der masseärmere Stern ist in einem viel weiteren und größeren Entwicklungszustand als der mit höherer Masse (Algol-Paradoxon). 

Warum ist das merkwürdig und ein Paradoxon? Wie bereits oben erklärt, sagt die Theorie der Sternenentwicklung ja das Gegenteil vorher.

Der Stern mit der höheren Leuchtkraft hat sich bei Algol anders entwickelt als sein Partner. Wenn ein massearmer Stern wie die Sonne seinen Wasserstoff verbrennt, wird sich dieser in aller Ruhe entwickeln und eine normale Entwicklung durchlaufen.

Ein massereicherer Stern hat eine kurze Lebensspanne und wird irgendwann zu einem Riesen. Das liegt daran, dass die Wasserstoff-Verbrennung ausgesetzt wurde, weil alles sehr schnell verbraucht wurde. Der Wasserstoff ist zu Helium verbrannt. Damit das Helium weiter fusioniert, muss der Kern im Inneren sich zusammenziehen, es wird sehr heiß. In den umliegenden Schalen des Kerns wird jedoch Wasserstoff verbrannt, wodurch sich der Stern enorm ausdehnt und zu einem Riesen wird.

Die Erklärung für das Algol-Paradoxon lautet, dass der jetzt masseärmere Stern ursprünglich der mit der höheren Masse war, der bis zu einem kritischen Volumen an Größe zunahm und Materie an den masseärmeren übergab. Durch diesen Transfer wurde so viel Masse transferiert, dass diese Komponente nunmehr heute der massereichere Stern ist (Phänomen des Massentransfers).

Mithilfe von Radioteleskopen gelang es, die Dynamik des Algol-Systems genau zu messen. Damit konnte man nachweisen und beobachten, dass zurzeit weiterhin ein Massentransfer stattfindet, dieser also noch nicht vollständig abgeschlossen ist. Das Algol-System ist also noch nicht in dem Zustand, dass sich beide Sterne wieder „entspannt“ haben.

Algol ist deswegen eine Klasse von Doppelsternen (die Bedeckungsveränderlichen), die aufgrund der Konstellation eine ganz besondere Rolle für die Astrophysik spielt: Man ist durch diese Laborbedingungen in der Lage, ganz einfache Gesetzmäßigkeiten der Mechanik zu überprüfen.

Wenn man die Bahnparameter des Doppelsterns kennt sowie die genauen Daten zum Massentransfer, kann man die Keplerschen Gesetze überprüfen oder sogar die allgemeine Relativitätstheorie!

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