Astronomiefans » Einsteiger Informationen » Teleskop-Beobachtung bei Luftfeuchtigkeit und Tau
Wer von uns kennt das nicht? Eine Beobachtung mit dem Teleskop unter erschwerten Bedingungen. Sie packen voller Elan Ihr Fernrohr aus, nur um festzustellen, dass kurze Zeit später die relative Luftfeuchtigkeit dramatisch ansteigt und Ihre Beobachtungsnacht zu erschweren droht.
Was tun?
Wie geht man mit hoher Luftfeuchtigkeit eigentlich am besten um, gibt es generelle Tipps? Wir gehen heute für Sie dieser oft gestellten Frage nach und zeigen Lösungsmöglichkeiten.
Inhaltsverzeichnis
Unsere Erdatmosphäre bzw. Luft ist grundsätzlich in der Lage, Wasserdampf aufzunehmen.
Wenn die maximale Menge pro Kubikmeter für die Aufnahme durch die Luft erreicht ist, nennen wir das 100% relative Luftfeuchtigkeit.
Bei einem großen Raum, der etwa 40 Quadratmeter misst und 2,5 Meter Höhe hat, haben wir ja 100 Kubikmeter Raum. Ein warmer Sommer in diesem Raum bei 30 Grad Celsius würde also bedeuten, dass dort 3.000 Gramm (3 kg bzw. 3 Liter) Wasser enthalten sind!
Solange man diese Feuchtigkeit nicht sehen kann, weil die Luft in der Lage ist, noch mehr aufzunehmen als bereits Wasser vorhanden ist, stört uns das aber nicht.
Konkretes Beispiel aus der Beobachtungspraxis:
Abends sind es zu Beginn der Beobachtung noch 20 Grad Celsius. Das mitgebrachte Hygrometer zeigt 50% relative Luftfeuchte an, konkret 9,3 g/m³ Wasserdampf in der Luft.
Es kühlt jetzt jedoch nachts ab, auf 10 Grad Celsius. Wir nehmen weiterhin an, dass kein Wasserdampf verschwindet oder hinzu kommt (etwa von der See her o.ä.), das heißt die 9,3 g/m³ Wasserdampf bleiben in der Luft.
Die relative Luftfeuchtigkeit ist nun durch den Temperaturabfall um 10 Grad Celsius von ursprünglich 50% auf 95% angestiegen!
War es ein paar Stunden zuvor noch unproblematisch, bedeuten 95% relativer Luftfeuchtigkeit für die Teleskop-Optik jedoch, dass sich bereits Tau bilden kann.
Diese 95 % relative Luftfeuchte aus dem obigen Beispiel mögen wir Hobbyastronomen bereits nicht mehr. Bereits ab 85% wird man etwas nervös und ab 90% wird es spätestens Zeit, sich über Gegenmaßnahmen Gedanken zu machen.
Zunächst beginnt es damit, dass man durchs Okular dunkle Sterne oder Galaxien nun viel schwieriger erkennen kann.
Dann entwickeln helle Sterne unscharfe Umrisse, die die Beobachtung weiter verschlechtern.
Schließlich entdeckt man mit der Taschenlampe auch die erste Schicht Tau auf der Optik.
In sehr schweren Fällen kann in einem letzten Schritt das gesamte Teleskop nass werden, was natürlich nicht passieren sollte.
Was unternimmt man nun gegen den drohenden Tau?
Wir haben mal verschiedene Lösungsansätze zusammengetragen und hoffen, dass etwas dabei ist, was Sie umsetzen können – je nachdem wie und wo Sie beobachten.
Was zunächst für die Beobachtungsnacht sinnvoll ist: Verfolgen Sie in kurzen Abständen stets die Prognosen des Wetters.
Weiterhin sollten Sie darauf achten, ein Hygrometer zur Messung der Feuchtigkeit einzupacken. Das Aufbauen desselben am Beobachtungsort sollte jedoch unbedingt auf Höhe des Objektivs erfolgen. Auf keinen Fall 4 Meter weit entfernt und in Boden-Nähe oder sogar an der Hauswand, wo es warm ist.
Wenn Sie es nämlich zu weit entfernt vom Objektiv aufbauen, bekommen Sie stark verfälschte Werte, die bis zu 10% unterschiedliche relative Luftfeuchtigkeit ausmachen können!
Vielleicht finden Sie ja ein kleines und genaues Hygrometer, das Sie an den Tubus, nahe des Objektivs ankleben können. Das wäre jedenfalls die ideale Lösung!
Die Taukappe kann das Betauen des Objektivs stark hinauszögern und dient oft als erste Verteidigungslinie gegen den Tau.
Diese Tauschutzkappe sollte in jedem Fall lang genug sein, damit das Ganze auch als Abwehr funktioniert.
Wie lang sollte die Taukappe denn mindestens sein?
Als Faustregel gilt, dass eine Taukappe mindestens 1,5 mal so lang sein sollte, wie die Öffnung des Teleskops groß ist!
Bei traditionellen Taukappen an einem Refraktor sind diese in der Regel von ausreichender Länge. Jedoch raten wir schon beim Kaufen von Teleskopen auf solche vermeintlich feinen Details zu achten. Beim Newton Reflektor muss man sich keine Sorgen machen, denn sein gesamter Tubus wirkt ja quasi wie eine Taukappe, die den Primärspiegel am Boden des Rohrs schützt. Bei offenen Reflektoren jedoch sollte man eine andere, praktikable Lösung finden (etwa eine Tuch-Abschirmung, die natürlich auf der dem Himmel zugewandten Seite nass wird).
Nicht zuletzt kaufen Schmidt-Cassegrain Teleskop-Besitzer als allererstes oft einen Tauschild – weil nämlich diese Teleskope berühmt dafür sind, sehr schnell Tau zu sammeln. Gleiches gilt für Nutzer von einem bestimmten Astronomie Zubehör: Dem Telrad, das ja eine große, freigelegte Glasfläche beinhaltet.
Die schlimmsten Tauprobleme treten immer dann auf, wenn die Teile exponiert und gleichzeitig dünn sind oder eine geringe Wärmekapazität haben und so Wärme schnell abführen.
Auch bei guten Okularen findet man oft eine eingebaute Abschirmung, die der Taukappe in der Funktion ähnelt – diese haben häufig eine solide, große Augenmuschel aus Gummi zur Abwehr von Tau und Streulicht.
Bei 95% relativer Luftfeuchtigkeit fangen wir bereits an, den Fön herauszuholen und auch zu benutzen.
Wenn der Wert so hoch bleibt, kann man im Grunde mindestens einmal pro Stunde mit dem Fön ansetzen.
Das ist jedoch, je nachdem wie das Problem der Stromversorgung am Beobachtungsort gelöst wird, nicht immer praktikabel. Manchmal ist Fönen aber die beste Lösung – es kommt eben auf die Situation an.
Wann ist der Fön für die Tau-Reduktion denn eine gute Idee?
Immer dann, wenn man durch eine schnelle Erhöhung der Luftfeuchtigkeit überrascht wurde oder keine andere, genauso schnell anwendbare Lösung parat hat, ist der Fön eine sinnvolle Hilfe zur Reduktion von Tau.
Es gibt neben der Stromversorgung auch einen weiteren Nachteil beim Fönen des Taus:
Der Fön erwärmt ein wenig die Optik, auch die Taukappe. Auch in der Taukappe gibt es warme Luft, die dann stärker zirkuliert und somit zu Luftunruhen führen kann. Man muss somit etwa 12 Minuten einkalkulieren, bis die Luft wieder ruhig und auf dem Ausgangsniveau ist.
Den Taubelag auf dem Objektiv müssen wir also nicht zwangsweise weg fönen. Es gibt weitere Möglichkeiten, die eventuell je nach Situation sinnvoller sein können.
Ein recht simpler Trick besteht darin, die Idee der Taukappe auf die eigene Umgebung zu transferieren.
Wenn Sie zum Beispiel von vornherein wissen, dass Sie nur einen Teil des Himmels an diesem Abend betrachten werden, dann bauen Sie Ihr Teleskop samt Equipment so auf, dass Sie Bäume um und hinter sich haben!
Der Baum ist im Grunde eine riesige Taukappe, der für Sie arbeiten kann.
Das Teleskop wird, ebenso wie die ganzen Zubehörteile, viel länger trocken bleiben.
Wussten Sie, dass ein Thermometer unter einem Strandschirm in der Nacht eine 6 Grad Celsius höhere Temperatur anzeigen kann, als wenn Sie ohne Schirm messen würden?
Ein Schirm blockiert die Kälte des Weltraums auf die gleiche Weise, wie Sonnenhitze abgeblockt wird. Er kann somit helfen, nicht nur Sie, sondern auch die Ausrüstung abzuschirmen und der Luftfeuchtigkeit zu begegnen.
Immer noch kein weit verbreitetes Accessoire unter uns Beobachtern, aber durchaus effektiv.
Was auch hilft, die Taubildung hinauszuzögern, sind dicke Stoffstücke (am besten Wolle), die einfach über die Taukappe gewickelt und befestigt werden.
Damit saugt sich diese Wolle erst einmal eine ganze Weile voll. Die Feuchtigkeit, die ich im Umkreis des Objektivs aufsauge, kann sich also zunächst nicht auf der Linse niederschlagen.
Jedoch wärmt es natürlich auch ein wenig. Uns ist klar, dass das ein Zielkonflikt zum Auskühlen der Teleskop-Optik darstellt. Es ist somit eine Kompromisslösung zwischen gänzlich ausgekühlter Optik (das kann im Zweifel eine ganze Weile dauern und ist zum Beispiel für das schnelle Beobachten im Garten gar nicht wünschenswert, je nach Tag und Situation) und dem Verzögern von Tau durch die Wolle.
Eine Lösung, die vielleicht die beste, nachhaltigste darstellt und nicht nur ein Verzögern, sondern ein echtes Verhindern von Tau bedeutet, ist die Taukappen-Heizung.
Das ist also eine Heizung, die in die Taukappe eingebaut wird, und zwar Objektiv-nah.
Entweder kann man eine Heizmanschette drum herum legen oder man kann selber ein paar Heizdrähte hinein kleben. Will man nicht selbst basteln, empfehlen wir eine Heizung wie diese (Amazon.de).
Die Heizleistung darf aber nur sehr gering sein, sodass die Bildung von Tau gerade eben verhindert wird. Wenn sich Tau bereits gebildet hat, soll diese Heizung nicht in der Lage sein, den Tau zu beseitigen! Denn dann wäre die Heizleistung zu stark: Sie würde zu viel Wärme im Tubus erzeugen und Turbulenzen darin produzieren. Genauere Spezifikationen und Bauanleitungen finden Sie auf anderen Seiten im Netz.
Wichtig ist, dass die Taukappenheizung wirklich von Beginn an läuft, damit die Luft ständig über dem Taupunkt gehalten werden kann. Es macht also Sinn, den Wetterbericht für die Nacht zu verfolgen und die relative Luftfeuchte für die prognostizierten Werte auszurechnen oder in Tabellen abzulesen, um die Entscheidung über das Anschalten der Taukappenheizung zu treffen (ab 95% relativer Luftfeuchtigkeit spätestens).
Je nachdem, wie und wo Sie beobachten, haben wir Ihnen heute verschiedene Ansätze präsentiert.
Die obigen Tipps helfen Ihnen hoffentlich, eine für Sie passable Lösung zu identifizieren, wenn es um den lästigen Feind Tau und drohende, hohe Luftfeuchtigkeit geht.
Im Zusammenhang mit dem Thema trockene Lagerung und Vermeidung von Schmutz auf Astro-Optiken empfehle ich Ihnen, auch einen Blick auf die Beiträge zur Lagerung eines Teleskops und dem Transport Ihres Teleskops zu werfen.
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