Linsenteleskop: 7 häufige Fragen zu Aufbau, Funktion & Bauweise

Linsenteleskop darstellung

Heute beschäftigen wir uns mit dem klassischen Fernrohr, dem Linsenteleskop.

Neben dem Offensichtlichen „Was ist ein Linsenteleskop?“ …

… gibt es noch einige andere interessante Fragen, die häufig im Freundeskreis oder online gestellt werden. Aus diesem Grund haben wir den heutigen Beitrag ins Leben gerufen.

1. Was ist ein Linsenteleskop?

Ein Linsenteleskop (Refraktor, Linsenfernrohr, Fernrohr) ist ein optisches Gerät, mit dem man weit entfernte Objekte betrachten kann. Durch Linsen wird der Sehwinkel vergrößert, wobei Spiegel und Prismen das Bild aufrichten können oder die Länge des Fernrohrs reduzieren. Kontrastreiche Bilder und einfache Handhabung sind die Hauptvorteile eines Refraktors.

1608 erfand der Brillenmacher Hans Lipperhey das Fernrohr. Ein Jahr später gelang es dem Physiker und Mathematiker Galileo Galilei das Fernrohr zu verbessern (Galilei-Fernrohr). Er war einer der ersten Beobachter, der das Fernrohr für astronomische Zwecke einsetzte.

Das Wort „Teleskop“ ist abgeleitet aus „tele“ und „skopein“ (altgriechisch) und bedeutet „fern“ „schauen“. Teleskop gilt als Oberbegriff, während das Fernrohr speziell das aus Linsen aufgebaute optische Teleskop meint.

Refraktor Orangerie Kassel
Refraktor, Orangerie in Kassel. Stefan Schäfer / CC BY-SA 3.0

2. Wie funktioniert ein Linsenteleskop und wie ist es aufgebaut?

Das Linsenfernrohr besteht zunächst aus einer Hülle, dem Tubus. Dieser enthält alle Bauteile, also die Konstruktion von Spiegeln, Prismen bzw. Linsen. Die mechanische Konstruktion dient allgemein dazu, die Kombination der unterschiedlichen Linsen zu halten.

Zusatzelemente können verwendet werden, um das Bild beim Hindurchschauen so auszurichten wie das ursprüngliche Bild. Außerdem kann man grundsätzlich eine kürzere Bauform erreichen, wenn man Spiegel zur Faltung der Strahlen verwendet.

Vorn am Tubus sitzt bei einem typischen Refraktor die Taukappe. Sie schützt das Objektiv vor dem Anlaufen.

Oben auf dem Tubus ist häufig ein Astro-Zubehör namens Suchfernrohr montiert. Mit dem Sucher ist das Auffinden von Objekten am Nachthimmel einfacher, das Anpeilen klappt so besser.

Am anderen Ende des Tubus findet man den Okularauszug, welcher mittels Fokusknopf verschoben werden kann und Einfluss auf die Schärfe des entstehenden Bildes nimmt. Häufig wird am Okularauszug das sogenannte Zenitprisma (Spiegel) angebracht. Am Zenitprisma ist in solch einem Fall das Okular montiert.

Das Licht eines zu beobachtenden Objekts trifft zunächst auf das Objektiv. Das Objektiv bündelt die Lichtstrahlen im Brennpunkt. Anschließend trifft das Licht auf den Spiegel des Zenitprismas, der das Licht umleitet und die Orientierung des Bildes ändert. Das Zenitprisma leitet das Licht zum Okular weiter, wo das entstehende Bild ähnlich einer Lupe vergrößert wird und in das Auge des Beobachters fällt.

Die Brennweite des Objektivs bestimmt gleichzeitig auch die Länge des Linsenteleskops. Hat Ihr Refraktor also zum Beispiel 1000 mm Brennweite, hat der Tubus ebenfalls eine Länge von 1000 mm, also 1 Meter, zuzüglich zum Okularauszug.

3. Welches ist das beste Linsenteleskop?

Das Bresser Messier AR-102/1000  ist ein Einsteiger-Linsenteleskop. Für weitere Modelle und Linsenteleskope für Fortgeschrittene sollten Sie über den Kauf von Teleskopen allgemein gut Bescheid wissen.

Für weitere Informationen schauen Sie doch mal bei den Kaufkriterien von Refraktor Teleskopen vorbei.

Es hängt nämlich von vielen Faktoren ab, für welches Linsenfernrohr für Ihre Situation passend ist.

4. Welche Bauarten gibt es?

Grundsätzlich unterscheidet man zunächst Galilei-Fernrohr und Kepler-Fernrohr als Grundtypen eines Refraktors. 

Außerdem unterscheidet man nach verbauten Linsen Chromat, Achromat und Apochromat sowie ED-Refraktor (Halbachromat).

Es gibt außerdem zwei Unterformen von Fernrohren: Faltrefraktor und Coudé-Refraktor.

Galilei-Fernrohr

Strahlengang Galilei-Teleskop
Strahlengang im Galilei-Fernrohr (holländisches Fernrohr). LehrerCN / CC BY-SA 3.0

Das Prinzip des Galilei-Fernrohrs (auch holländisches Fernrohr) ist die Nutzung einer Zerstreuungslinse kleinerer Brennweite als Okular und einer konvexen Sammellinse als Objektiv. 

Die Brennpunkte von Okular und Objektiv fallen auf Beobachter-Seite zusammen, denn das Okular besitzt eine negative Brennweite. Es entsteht ein seitenrichtiges, virtuelles und aufrechtes Bild mit kleinem Sichtfeld.

Sie finden das Galileische Fernrohr heute noch etwa bei Operngläsern oder der Fernrohrbrille, die historische Bauweise blieb also erhalten.

Kepler-Fernrohr

Schematische Darstellung Kepler Teleskop
Schematische Darstellung eines Kepler Teleskops. Das Objektiv (1) erzeugt vom Objekt (4) ein reelles, umgekehrtes Zwischenbild (5), das man mit einer "Lupe" (Okular 2) betrachtet. Das Auge (3) sieht ein winkelmäßig vergrößertes, virtuelles Bild (6) in scheinbar großer Entfernung (strichlierte Parallelstrahlen). Michael Schmid / CC BY-SA 2.0 AT

In der Astronomie jedoch hat sich dagegen das Kepler-Fernrohr als Refraktor durchgesetzt. Die heutigen Linsenteleskope sind also in der Astronomie als Kepler-Fernrohr konstruiert. Das liegt auch daran, dass es weniger wichtig ist, dass das Bild seitenrichtig wiedergegeben wird.

Stattdessen entstand die Forderung nach einem größer nutzbaren Gesichtsfeld gegenüber dem Galilei-Fernrohr. Das Kepler-Fernrohr erzeugt mit seinem Objektiv ein um 180 Grad gedrehtes, auf dem Kopf stehendes, seitenverkehrtes reelles Bild.

Faltrefraktoren

Heute gibt es mehrere Unterformen von Linsenteleskopen. 

Einerseits die Faltrefraktoren.

Dabei wird der Strahlengang des Lichts über eine oder mehrere Spiegel bzw. Spiegelprismen gefaltet, also über ein oder zwei Planspiegel umgelenkt.

Strahlengang Schaer Refraktor
Strahlengang Schaer Refraktor

Zu den Faltrefraktoren zählt der Fagott-Refraktor (einfache Faltung), der Schaer-Refraktor (zweifach gefaltet) und der Newton-Refraktor (zweifache Faltung).

Faltrefraktoren findet man heute vor allem als Selbstbaugeräte von Amateurastronomen oder auch in ein paar Volkssternwarten.

Aachen_Refraktor
Refraktor Volkssternwarte Aachen

Coudé-Refraktor

Andererseits gibt es noch den Coudé-Refraktor, bei dem das Licht durch zwei Prismen oder Planspiegel gefaltet wird.

Besonderheit ist dabei, dass der Strahlengang dermaßen gefaltet wird, dass das Bild an derselben Stelle bleibt. Damit kann man am Ort des feststehenden Bildes auch schwerere Spektographen oder Kameras montieren, was die Montierung sehr entlastet. Es bewegt sich nämlich nur noch die abbildende Optik.

In der Amateurastronomie finden wir den Coudé-Refraktor jedoch nur selten vor.

Chromat

Chromatische Aberration einer konvexen Linse
Chromatische Aberration bei einer konvexen Linse

Hat der Refraktor lediglich eine Linse, wird er als Chromat bezeichnet. Chromaten findet man in der Amateurastronomie vorwiegend bei Billigteleskopen aus Kaufhäusern, auch Kaufhausteleskope genannt. Davon sollten Sie grundsätzlich die Finger lassen, wenn Sie ein Teleskop kaufen.

Chromaten weisen einen sogenannten Blausaum, auch chromatische Aberration genannt, auf. Das bedeutet, sie weisen einen Farblängsfehler auf: Die Linsen werden wegen der Wellenlänge unterschiedlich stark gebrochen.

Die chromatische Aberration tritt nur bei Refraktoren auf, das heißt, wenn gesammeltes Licht gebrochen wird. Hauptsächlich tritt der Farbfehler bei Chromaten und schlechten Achromaten auf, bei der Beobachtung von hellen Objekten wie dem Mond, Planeten oder Sternen.

Der Farbfehler (Blausaum oder Farbsaum) um das zu beobachtende Objekt ist umso auffälliger, je höher die Vergrößerung und je heller die Objekte.

Hat das System nämlich nur eine Linse, gibt es quasi keinen gemeinsamen Brennpunkt. Rot, Blau und Grün kommen dementsprechend anders zusammen, da rotes Licht eine längere Brennweite hat als grünes und blaues.

Die Abbildungsqualität leidet daher sehr stark, wodurch die Beobachtung mit solchen Fernrohren eigentlich nicht sinnvoll ist.

Achromat

Achromatischer Zweilinser
Achromatischer Zweilinser

Die Achromaten (auch als Fraunhofer bezeichnet) haben zwei Linsen.

Die zweite Linse, anders geschliffen als die erste Linse, reduziert den Abbildungsfehler bereits dramatisch. Damit können dann auch zwei Farben, rot und grün, im gemeinsamen Brennpunkt vereinigt werden. Blau ist jedoch nach wie vor außerhalb des Brennpunkts.

Verwendet man Achromaten bei der Astrofotografie, weisen die helleren Objekte leichte Blau-Ränder auf. Das stört die Qualität jedoch nicht unbedingt stark.

Preislich liegen sie deutlich über den Billigteleskopen, in Bereichen von 100 bis 200 Euro. 

Sie weisen regelmäßig Öffnungen von etwa 3 bis 6 Zoll auf mit Öffnungsverhältnissen f/5 bis f/11.

Apochromat

Apochromat
Apochromat. Egmason / CC BY-SA 3.0

Hat ein Linsenfernrohr drei Linsen, spricht man von Apochromaten oder apochromatischen Refraktoren. Vorsicht jedoch was den Namen Apochromat angeht: Manchmal gibt es Angebote, die diesen Namen tragen, jedoch nicht verdienen.

Apochromaten sind die hochwertigsten Refraktoren, wenn es um die Beseitigung des Farbfehlers bzw. Verbesserung der chromatischen Aberration geht.

Grund:

Alle drei Farben, rot, blau und grün, können durch die kostenintensive dritte Linse in einem gemeinsamen Brennpunkt vereinigt werden.

Öffnungen rangieren zwischen 2,5 Zoll und 8 Zoll bei Öffnungsverhältnissen von f/5 bis f/8. 

Preise: 500 Euro bis jenseits der 10.000 Euro.

ED-Refraktor / Halbapochromat

Semi-Apochromaten oder Halb-Apochromaten bzw. Verbesserte Achromate (auch: ED-Apochromaten) bilden eine Zwischenstufe von Refraktoren. „ED“ steht für „extra-low dispersion“ und meint die Verwendung einer Linse aus Spezialglas mit besonders niedriger Zerstreuung.

Sie liegen zwischen Achromaten und Apochromaten.

ED-Refraktoren sind preislich immer noch günstiger als ein Apochromat, circa zwischen 300 Euro und 1.500 Euro. 

Öffnungen liegen in Regionen von 2,5 Zoll bis 5 Zoll – bei Öffnungsverhältnissen von f/5 bis f/7,5.

5. Warum sollte man ein Linsenfernrohr wählen?

Vorteile von Linsenteleskopen:

  • Einfache Handhabung
  • Leichte Pflege und Reinigung
  • Einsteigerfreundlichkeit
  • Keine Justage erforderlich bei Refraktoren
  • Keine Zentralabschattung (Obstruktion)
  • Geschlossenes optisches System
  • Preiswerte Einsteigergeräte als Achromaten (mit kleiner Öffnung)
  • Auskühlen sehr schnell möglich
  • Kein Streulicht bzw. Reflektion
  • Gut geeignet für die Beobachtung von Mond und Planeten

Hinweis:

Keine Zentralabschattung (Obstruktion) bedeutet hierbei keine Abdeckung von Bauelementen im Strahlengang: Fast kein Lichtverlust, das heißt hohe Transmission, damit höchster Bildkontrast und Abbildungsgüte.

Mit schnell Auskühlen ist die Anpassung an die Umgebungstemperatur gemeint, da das Tubus-Volumen vergleichsweise klein ist.

Refraktoren sind toll für die Beobachtung von Mond und Planeten bei Lichtverschmutzung in Stadt-Nähe. Mit Apochromaten ist sogar Deep Sky Beobachten möglich (Beobachten außerhalb des Sonnensystems).

6. Welche Nachteile hat ein Linsenfernrohr?

Nachteile eines Refraktors (Linsenfernrohr):

  • Die wirklich guten Geräte (Apochromaten) sind sehr teuer
  • Der Preis steigt im Vergleich zum Spiegelteleskop mit größer werdender Öffnung schneller an
  • Die chromatische Aberration ist bei Chromaten mit starken Qualitätseinbußen verbunden
  • Große Linsenteleskope werden schnell unhandlich
  • Größere Refraktoren weisen ein hohes Gewicht auf durch die großen Glaslinsen

Über die Besonderheiten, den Einsatz und für welche Situation Reflektor und Refraktor infrage kommen, haben wir schon an anderer Stelle berichtet.

Für Details schauen Sie sich daher bitte den Abschnitt Refraktor oder Reflektor in unserem Blogbeitrag zum Teleskop-Kauf an.

7. Wo sollte ich einen Refraktor kaufen?

Refraktor
Bild: Refraktor

Für den Kauf eines guten Linsenfernrohrs gibt es mehrere Optionen, die ich in meinem oben verlinkten Artikel über den Teleskop-Kauf schon erwähne:
gute Gebrauchtgeräte gibt es vor allem auf Astro-Messen wie der ATT (Astronomischer Tausch- und Trödeltreff) in Essen, die einmal jährlich stattfindet. Die Beratungsqualität eines solch persönlichen Verkaufsgesprächs vor Ort bewerte ich als „geballte Kompetenz auf einem Fleck vereint.“

Schauen Sie also dort vorbei, wenn Sie ein gebrauchtes Linsenteleskop suchen. Dasselbe gilt für die Astronomie-Messe AME 2018 im Herbst und einige kleinere, lokale Messen. Sie finden auf den Messen aber auch gute Messerabatte für neue Linsenteleskope.

Kaufen Sie keine  gebrauchte Linsenteleskope, wenn Sie kein Rückgaberecht haben (Auktionshäuser, auch online in Foren).

Lokale Fachhändler sind eine sehr gute Quelle, auch für die kompetente Beratung. Leider sind sie in letzter Zeit rar geworden.

Kaufen Sie nicht im Ausland, da das Risiko – beim Versand oder Zoll – recht hoch sein kann, dass etwas kaputtgeht oder schiefgeht.

Für weitere Grundlagen zu Teleskopen schauen Sie in unserem oben unter Punkt 6 erwähnten Beitrag zum Kauf eines Fernrohrs vorbei. Wir haben außerdem einige beliebte Bresser Teleskope im Vergleich vorgestellt, darunter auch Refraktoren.

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© AstronomieFans